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Wehrpflicht in den Niederlanden: Eine Rückkehr oder ein neues Modell?

Mars! | Foto: HOLLAND.guide

DEN HAAG · Die Niederlande stehen vor einer entscheidenden Debatte über die zukünftige Rolle der Wehrpflicht. Seit 1997 ist die Wehrpflicht in den Niederlanden ausgesetzt, doch abgeschafft wurde sie nie. Angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen, insbesondere durch den Krieg in der Ukraine und die wachsenden Spannungen im Nahen Osten, scheint die Frage nach einer verstärkten Einbindung der Bürger in die Verteidigungsfähigkeit des Landes wieder an Bedeutung zu gewinnen. In der jüngst veröffentlichten „Defensienota“ wird die Möglichkeit eines neuen Modells diskutiert, das verpflichtendere Elemente enthalten könnte.

Der Verteidigungsminister Ruben Brekelmans und Staatssekretärin Gijs Tuinman haben in der aktuellen „Defensienota“ deutlich gemacht, dass die Verteidigungsanstrengungen der Niederlande durch das bestehende System von Berufssoldaten und Reservisten nicht mehr ausreichen. Mit Milliardeninvestitionen in neue Panzer, Flugzeuge und Waffensysteme wächst der Bedarf an gut ausgebildetem Personal. Gleichzeitig verlangt die NATO, dass die Niederlande in einem Krisenfall signifikante Truppen stellen können. Wie NOS meldet, hat dies den Druck auf die Regierung erhöht, neue Wege zu finden, um die militärischen Kapazitäten des Landes zu stärken.

Erneuerung statt Rückkehr zur alten Wehrpflicht

Offiziell besteht die Wehrpflicht in den Niederlanden noch immer, doch seit der letzten Einberufung 1996 hat sich die Struktur des Militärs radikal verändert. Seitdem besteht die niederländische Armee nur noch aus Berufssoldaten und einer Reserve aus Freiwilligen. Diese Struktur, die im Frieden funktionierte, gerät nun in die Kritik. Angesichts der realen Bedrohungen eines militärischen Konflikts in Europa wird die Forderung nach einem neuen System laut.

Die Niederlande führten im vergangenen Jahr das freiwillige „Dienjaar“ ein, bei dem junge Erwachsene zwischen 17 und 28 Jahren für ein Jahr in den Militärdienst eintreten können. Dieser Versuch, das Militär durch Freiwillige zu verstärken, war ein erster Erfolg: Drei Viertel der Teilnehmer der ersten „Dienjaar“-Generation haben Interesse bekundet, dauerhaft im Militär zu bleiben. Doch wie Brekelmans und Tuinman betonen, reicht diese freiwillige Teilnahme nicht aus. Es werden verpflichtendere Modelle diskutiert, die zwar nicht einer vollständigen Rückkehr zur Wehrpflicht entsprechen, aber eine deutlich größere Beteiligung junger Menschen sicherstellen sollen.

Ein schrittweises, verpflichtenderes Modell

Die genauen Details des neuen „Dienmodells“ sind noch nicht ausgearbeitet, aber die Idee dahinter ist klar: In Friedenszeiten soll ein flexibler Mechanismus bestehen, um die Truppenstärke schnell aufstocken zu können, wenn es die Sicherheitslage erfordert. In Ländern wie Dänemark und Norwegen hat ein solches Modell bereits Erfolge gezeigt. Dort werden alle 18-Jährigen zu einer verpflichtenden Umfrage eingeladen, um ihr Interesse am Militärdienst zu erkunden. Dieses Verfahren hat in Skandinavien zu einer deutlichen Erhöhung der Rekrutenzahlen geführt, und es ist denkbar, dass auch die Niederlande dieses System übernehmen könnten.

Die niederländische Regierung ist sich der gesellschaftlichen Sensibilität des Themas bewusst. Eine Rückkehr zur umfassenden Wehrpflicht, wie sie bis in die 90er Jahre praktiziert wurde, wäre politisch kaum durchsetzbar. Stattdessen könnte eine stufenweise Verpflichtung, die an die sicherheitspolitische Lage angepasst wird, eine Lösung darstellen. Ein solches Modell könnte sicherstellen, dass die Niederlande in Krisenzeiten schnell reagieren können, ohne die bestehende Freiwilligenstruktur vollständig aufzugeben.

Investitionen in Personal und Reservisten

Ein weiterer Aspekt der „Defensienota“ betrifft die Reservisten. Sie gelten als „flexibler Schutzschild“ der Streitkräfte und sollen zukünftig eine noch größere Rolle spielen. Die Regierung will mehr Anreize schaffen, um ehemalige Berufssoldaten zu ermutigen, sich nach ihrer aktiven Dienstzeit als Reservisten zur Verfügung zu stellen. Die Reservisten sollen in Zukunft nicht mehr als „Hobby-Soldaten“ wahrgenommen werden, sondern als integraler Bestandteil der militärischen Kapazitäten des Landes.

Die Personalproblematik betrifft jedoch nicht nur Reservisten. Auch das reguläre Militär leidet unter einem Personalmangel, der durch die wachsenden Anforderungen der NATO weiter verschärft wird. Die Verteidigungsminister Brekelmans und Staatssekretärin Tuinman planen daher, jährlich über eine Viertelmilliarde Euro in die Personalgewinnung zu investieren. Dieses Geld soll nicht nur dazu dienen, neue Soldaten zu rekrutieren, sondern auch das bestehende Personal zu halten und zu fördern.

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