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Störungen im niederländischen Bahnverkehr: Schwere Beeinträchtigungen für Reisende erwartet

UTRECHT · Bahnreisende in den Niederlanden müssen sich auf weitere erhebliche Beeinträchtigungen im Zugverkehr einstellen. Trotz intensiver Bemühungen der Bahnunternehmen NS (Nederlandse Spoorwegen) und dem Streckenbetreiber ProRail, scheinen die Probleme auf dem niederländischen Schienennetz in den kommenden Monaten eher zu- als abzunehmen. Die Hauptgründe hierfür sind umfangreiche Bauarbeiten, technische Defizite bei der Infrastruktur und ein anhaltender Mangel an qualifiziertem Personal.

In der ersten Jahreshälfte 2024 ist die Zahl der Störungen im Bahnverkehr drastisch angestiegen. ProRail-CEO John Voppen erläuterte kürzlich, dass veraltete Infrastrukturen und technische Mängel an verschiedenen Stellen des Schienennetzes, besonders an wichtigen Knotenpunkten wie Amersfoort und entlang der Hochgeschwindigkeitsstrecken, die Hauptursachen für diese Probleme sind. Er betonte, dass die niederländische Bahninfrastruktur, die teils seit über 40 Jahren in Betrieb ist, dringend renoviert werden muss, um den aktuellen und zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden. Diese Renovierungsarbeiten führen jedoch zwangsläufig zu erheblichen Einschränkungen und Verspätungen im Zugverkehr.

Umfangreiche Bauarbeiten und technische Defizite

Besonders betroffen sind die Hochgeschwindigkeitslinien (HSL), die wichtige Städte wie Rotterdam, Amsterdam und Schiphol miteinander verbinden. Hier kam es zu schweren Konstruktionsfehlern bei der Errichtung von Viadukten, die die Sicherheit und Stabilität der Strecken beeinträchtigen. Um das Risiko für Passagiere zu minimieren, wurde die maximale Geschwindigkeit auf diesen Abschnitten drastisch reduziert, was zu erheblichen Verzögerungen führt. Laut NS-Direktor Wouter Koolmees fährt der Intercity Direct auf der HSL-Strecke derzeit nur mit etwa 80 km/h statt der vorgesehenen 300 km/h, schreibt Trouw.

Diese Einschränkungen haben nicht nur Auswirkungen auf die betroffenen Hochgeschwindigkeitsstrecken, sondern auch auf das gesamte Bahnnetz, da die verminderte Kapazität zu einer Kettenreaktion von Verspätungen und Zugausfällen führt. Hinzu kommen die Probleme bei der Beschaffung neuer Züge, die aufgrund von Lieferverzögerungen nicht rechtzeitig eingesetzt werden können. Die Folge ist, dass ältere Züge länger im Einsatz bleiben müssen, was wiederum die Ausfallraten erhöht.

Personal- und Wetterprobleme verschärfen die Lage

Ein weiteres erhebliches Problem ist der anhaltende Mangel an qualifiziertem Personal, insbesondere an Technikern und Monteuren. ProRail und NS kämpfen seit Jahren mit diesem Defizit, das die Durchführung von Wartungs- und Reparaturarbeiten stark verzögert. In der Folge dauern viele Bauarbeiten länger als geplant, was die Verspätungen zusätzlich verstärkt. Beispielsweise mussten die Arbeiten an der Strecke zwischen Den Haag und Rotterdam aufgrund von Personalmangel um mehrere Wochen verlängert werden.

Die kommenden Monate bringen zudem saisonbedingte Herausforderungen mit sich. Der Herbst, traditionell eine schwierige Zeit für den Bahnverkehr, wird voraussichtlich weitere Probleme wie Laubfall, Sturm- und Wetterereignisse mit sich bringen, die die ohnehin angespannte Lage noch weiter verschärfen könnten. NS und ProRail haben die Fahrgäste daher bereits darauf hingewiesen, dass sie sich auf weitere Verspätungen und Zugausfälle einstellen müssen.

Keine schnellen Lösungen in Sicht

Trotz der Bemühungen, die Lage zu verbessern, sind kurzfristige Lösungen kaum in Sicht. Die strukturellen Probleme im niederländischen Schienennetz sind so gravierend, dass eine nachhaltige Besserung erst in den nächsten Jahren zu erwarten ist. ProRail rechnet damit, dass die notwendigen Sanierungsarbeiten an den Hochgeschwindigkeitsstrecken frühestens 2026 abgeschlossen sein werden. Bis dahin müssen sich die Fahrgäste weiterhin auf einen unzuverlässigen und häufig gestörten Bahnverkehr einstellen.

NS-Direktor Wouter Koolmees und ProRail-CEO John Voppen zeigten sich in ihren jüngsten Stellungnahmen besorgt über die Auswirkungen auf die Fahrgäste, betonten aber, dass die Probleme nicht von heute auf morgen gelöst werden können. Es bleibt den Reisenden nichts anderes übrig, als sich auf eine längere Phase der Unannehmlichkeiten einzustellen, während ProRail und NS weiter daran arbeiten, die Infrastruktur und den Betrieb langfristig zu stabilisieren.

Viel Verspätung und Ausfall, aber dennoch werden Zugreisen teurer

Die niederländischen Bahnkunden stehen vor einer schmerzhaften Realität: Im nächsten Jahr sollen die Preise für Bahntickets um mindestens 10 Prozent steigen. Die NS begründet dies mit anhaltenden finanziellen Schwierigkeiten, die durch den Rückgang der Fahrgastzahlen seit der Corona-Pandemie verursacht wurden. Besonders problematisch ist, dass diese Preiserhöhungen, gekoppelt mit einem verschlechterten Service und weniger Komfort, eine gefährliche Abwärtsspirale in Gang setzen könnten.

Die grundlegende Herausforderung besteht darin, dass steigende Ticketpreise zwangsläufig zu einem weiteren Rückgang der Fahrgastzahlen führen könnten. Dies wiederum verschärft die finanziellen Probleme der NS, was zu weiteren Preiserhöhungen und Serviceeinschränkungen führen könnte. Dieser Teufelskreis stellt eine ernsthafte Gefahr für die Zukunft des niederländischen Schienenverkehrs dar, insbesondere in einer Zeit, in der die Bahn eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielen sollte.

Eine mögliche Lösung, die nun wieder vermehrt diskutiert wird, ist die Wiedereinführung der sogenannten Spitsheffing, einer zusätzlichen Gebühr für Fahrten in den Stoßzeiten. Diese Maßnahme, die im letzten Jahr von der Tweede Kamer abgelehnt wurde, könnte dazu beitragen, die Fahrgastströme besser zu verteilen und so die Bahntickets für eine breitere Bevölkerungsschicht erschwinglich zu halten. Die Idee dahinter ist, dass durch höhere Preise in den Stoßzeiten weniger Menschen zu diesen Zeiten reisen würden, was die Kapazitäten entlastet und die Notwendigkeit weiterer Preiserhöhungen reduziert.

Kritiker der Spitsheffing, darunter viele Politiker und soziale Organisationen, warnen jedoch, dass diese Maßnahme gerade die Menschen treffen könnte, die auf öffentliche Verkehrsmittel zu bestimmten Zeiten angewiesen sind, wie Pflegepersonal oder Lehrkräfte. Andererseits argumentieren Befürworter, dass eine sorgfältig abgestimmte Tarifierung, bei der Fahrten außerhalb der Stoßzeiten günstiger angeboten werden, einen positiven Einfluss auf die Preisstabilität und die Attraktivität des Bahnverkehrs haben könnte. Zudem könnten einkommensschwache Gruppen durch spezielle Subventionen entlastet werden.

Angesichts der aktuellen Situation und der dringenden Notwendigkeit, den öffentlichen Verkehr in den Niederlanden zukunftsfähig zu gestalten, könnte die Spitsheffing ein wichtiger Bestandteil einer umfassenden Reform des Bahntarifsystems werden. In Kombination mit anderen Maßnahmen, wie etwa einer Mautgebühr für Autofahrer in den Stoßzeiten, könnte dies ein Weg sein, um die NS aus der gegenwärtigen finanziellen Schieflage zu befreien, ohne die Preise für alle Reisenden drastisch anheben zu müssen.

Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die politischen Entscheidungsträger bereit sind, diese kontroverse Maßnahme erneut auf die Agenda zu setzen. Klar ist jedoch, dass ohne entschlossene und innovative Schritte die Gefahr besteht, dass die NS in eine immer tiefere finanzielle Krise gerät, was letztlich nicht nur die Bahnkunden, sondern die gesamte Gesellschaft teuer zu stehen kommen könnte.

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