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Kolumne: Die Schattenseiten der Miljoenennota 2025: Was bleibt auf der Strecke?

Symbolisch: Theater Kikker in Utrecht | Foto: HOLLAND.guide

KOLUMNE von Thomas Klimeck · Die niederländische Regierung hat mit der Miljoenennota 2025 einen klaren Fokus auf Haushaltsdisziplin und Zukunftssicherung gelegt. Doch während einige Maßnahmen auf breite Zustimmung stoßen dürften, gibt es auch erhebliche Kritikpunkte, die nicht unter den Tisch fallen sollten. Denn hinter den Zahlen und Tabellen verbirgt sich für viele Bürger, Expats und Unternehmen eine harte Realität, die die vermeintliche Zukunftssicherung infrage stellt.

Die Miljoenennota 2025 mag auf den ersten Blick als Balanceakt zwischen Haushaltsdisziplin und Investitionen erscheinen, doch hinter dieser Fassade verbirgt sich eine ernüchternde Wahrheit. Wir sehen ein Kabinett, das vor allem eines tut: die Masse zufriedenstellen. Doch was passiert mit den langfristigen Bedürfnissen des Landes? Mit den Menschen und Sektoren, die wir wirklich brauchen, um zukunftsfähig zu bleiben?

Expat-Regelung: Ein Schlag ins Gesicht für internationale Fachkräfte

Die niederländische Wirtschaft braucht internationale Fachkräfte, doch die geplanten Änderungen der 30%-Regelung werfen ernsthafte Fragen auf. Die Reduzierung des steuerfreien Anteils auf 27% ab 2027 und die Erhöhung der Gehaltsgrenze zeigen deutlich, dass dieses Kabinett nicht die langfristigen Interessen des Landes im Auge hat. In einem überbevölkerten Land, das dringend qualifizierte Arbeitskräfte benötigt, werden Expats regelrecht vor die Tür gesetzt. Während die Regierung die Masse ruhigstellen will, könnte der Fachkräftemangel das Land langfristig in die Krise stürzen. Wollen wir wirklich ein Land sein, das seine internationalen Talente verprellt?

Umwelt und Natur: Leere Versprechen statt echter Veränderungen

Große Reden über Klimaziele und Nachhaltigkeit – doch wo bleiben die konkreten Maßnahmen? Die Miljoenennota 2025 enthält viel heiße Luft, aber wenig Substanz. Zwar gibt es Investitionen in Smart Grids und Energiespeicher, doch das sind langfristige Projekte. Die dringenden Umweltherausforderungen von heute werden kaum adressiert. Statt mutiger Schritte zu erneuerbaren Energien und strikterem Umweltschutz, verlangsamt die Regierung Maßnahmen, wie etwa die Einführung der CO2-Abgabe im Gewächshaussektor, die erst 2030 ihr volles Potenzial erreicht. Eine weitere Änderung betrifft Elektrofahrzeuge: Ab 2026 zahlen Besitzer von Elektroautos 75 % der Kfz-Steuer, und ab 2030 wird das volle Tarif fällig. Diese Anpassung ist eine deutliche Abkehr von den bisherigen Plänen. Diese Maßnahmen zeigen, dass die Regierung zwar Nachhaltigkeit predigt, aber nur langsam und zögerlich handelt – und das auf Kosten zukünftiger Generationen. Wer denkt, dass Umwelt und Kultur keine Rolle spielen, hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden.

Kürzungen bei Bildung und Kultur: Ein gefährlicher Kurs für die Zukunft

Besonders bedenklich sind die Einsparungen im Bereich Kultur und Bildung. Ja, irgendwo muss das Geld herkommen, aber die Kürzungen in diesen Bereichen sind gefährlich. Der öffentliche Rundfunk wird um 100 Millionen Euro gekürzt, was die Qualität der Berichterstattung und die Meinungsvielfalt langfristig beeinträchtigen könnte. Kultur und Bildung sind keine Luxusgüter, auf die wir verzichten können – sie sind essenziell für die Entwicklung unserer Gesellschaft. Ein Land, das nicht in diese Bereiche investiert, gefährdet seine Zukunftsfähigkeit. Anstatt hier zu sparen, sollte gerade in Zeiten von Desinformation und sozialer Spaltung mehr investiert werden.

Bildung und Kultur werden in einem Atemzug mit Sparmaßnahmen genannt – gerade in Zeiten, in denen Bildung als Schlüssel zur Zukunft gilt, erscheint es gefährlich, an dieser Stelle zu sparen. Die Kürzungen um 430 Millionen Euro im Jahr 2025 im Bildungs- und Kulturbereich und die zudem bis 2028 auf 1,9 Milliarden Euro anwachsen sollen, sind ein Alarmsignal. Was nützt uns eine solide Haushaltsführung, wenn wir die Menschen, die diese Zukunft gestalten sollen, nicht ausreichend fördern? Und dann noch die Abschaffung des gesellschaftlichen Dienstes (Maatschappelijke Diensttijd), der ein Grundpfeiler für den sozialen Zusammenhalt ist. Anstatt hier zu investieren, kürzt das Kabinett – und das in einem der reichsten Länder der Welt.

Mehrwertsteuererhöhung: Ein harter Schlag für Konsumenten... und Anbieter

Ab 2026 wird der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Beherbergungen und kulturelle Dienstleistungen abgeschafft, was für viele Konsumenten eine deutliche Verteuerung bedeutet. Besonders Hotels, kulturelle Veranstaltungen und Museen werden teurer, was nicht nur den Tourismus, sondern auch das kulturelle Leben im Land erschwert. Während Sportvereine von dieser Maßnahme verschont bleiben, betrifft es Fitnessstudios und Sportveranstaltungen. Für viele wird dies eine zusätzliche finanzielle Belastung darstellen, die in ohnehin schwierigen Zeiten kaum tragbar erscheint.

Die Mehrwertsteuererhöhung auf Beherbergungen trifft vor allem die, die sich an die Regeln halten. Ferienhausvermieter, die legal agieren, sehen sich einer weiteren finanziellen Belastung gegenüber, während illegale Anbieter weiter ungestraft Gewinne einfahren. Es ist geradezu absurd, dass ein Kabinett, das für Recht und Ordnung steht, genau jenen die Hand reicht, die sich nicht an Gesetze halten. Wer zahlt am Ende den Preis? Die ehrlichen Bürger, während die illegalen Vermieter sich ins Fäustchen lachen.

Ein Land im Blindflug: Die Miljoenennota 2025 zeigt den falschen Weg

Diese Miljoenennota ist nichts weiter als ein Versuch, kurzfristig die Wogen zu glätten. Doch was ist mit der Zukunft? Ja, es müssen Häuser gebaut werden, aber das allein reicht nicht aus. Wo bleibt die langfristige Vision für ein Land, das nicht nur wachsen, sondern auch nachhaltig und sozial gerecht bleiben will? Der Fokus auf kurzfristige Zufriedenheit ist gefährlich, denn er ignoriert die echten Probleme, die vor uns liegen. Wenn wir so weitermachen, werden wir in einigen Jahren aufwachen und feststellen, dass die wichtigen Weichen längst falsch gestellt wurden.

Die Miljoenennota 2025 präsentiert uns eine Reihe notwendiger Maßnahmen, die ohne Frage positiv sind. Der Bau von dringend benötigten Wohnungen, das Schulmahlzeitenprogramm für Kinder, Unterstützung von Familien mit Kindern, die Maßnahmen gegen Schulden sowie die Senkung des Eigenrisikos in der Krankenversicherung sind allesamt Schritte in die richtige Richtung. Auch die Subventionen für Hausbesitzer, die ihre Häuser energetisch sanieren wollen, sind ein sinnvoller Beitrag zur Förderung von Nachhaltigkeit. Diese Punkte zeigen, dass die Regierung zumindest versucht, den sozialen Zusammenhalt zu stärken und die Lebensqualität für viele Niederländer zu verbessern.

Aber: Diese positiven Aspekte dürfen nicht über die strukturellen Schwächen hinwegtäuschen. Es bleibt die Frage, wie nachhaltig und langfristig gedacht wird. Der alleinige Fokus auf Wohnungsbau, ohne gleichzeitig den überfälligen Umweltschutz ernsthaft zu adressieren, reicht nicht aus. Nachhaltigkeit bedeutet mehr als nur wirtschaftliches Wachstum – es bedeutet auch, unsere natürlichen Ressourcen und das soziale Gefüge des Landes zu schützen. Genau hier fehlt es an Weitsicht.

Es ist natürlich richtig, dass die Regierung auch Verantwortung für ihre Entscheidungen übernehmen muss. Am dritten Mittwoch im Mai legt das Kabinett Rechenschaft über die Politik und die Finanzen des vergangenen Jahres ab – dies wird Verantwoordingsdag genannt. Im Jahr 2025 fällt dieser Tag auf den 21. Mai. Dann wird sich zeigen, ob die Entscheidungen, die heute getroffen werden, den gewünschten Erfolg bringen und ob die Regierung ihrer Verantwortung gerecht wird, das Land langfristig zu stärken.

Über den Autor

Thomas Klimeck ist Chefredakteur von DACHIST. Mit seiner langjährigen Erfahrung als Berater für grenzüberschreitende Projekte zwischen den Niederlanden und Deutschland hat er ein tiefes Verständnis für politische und wirtschaftliche Entwicklungen in beiden Ländern. In seinen Kolumnen legt er den Fokus auf fundierte Analysen und kritische Betrachtungen, um komplexe Themen verständlich und greifbar zu machen. Seine Expertise zeigt sich besonders in der Analyse von politischen Maßnahmen und deren Auswirkungen auf Bürger, Unternehmen und die internationale Gemeinschaft.

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